Alltägliches 2 – Aufgeschnapptes & Erlebtes

Im Supermarkt

Ich sehe ein Palme, die mir gefällt. Ohne Preis. Am Brötchenstand direkt neben den Blumen, etwa zwei Meter von mir entfernt, steht eine Verkäuferin. „Entschuldigung, was kostet denn die Palme hier?“ Sie reagiert nicht. Ich gehe zu ihr, stelle mich direkt vor den Tresen. „Hallo? Ähm, was kostet denn die Palme da?“ – „Wie bitte? Welche Palme?“ – „Na, die da, die große.“ – „Woher soll ich denn das wissen. Ich bin der Backshop!“

Bei der Meldestelle im Bürgeramt

Fröbelstraße, dritter Stock, etwa dreißig Leute, alle wartend. Ich zieh eine Nummer. Nach quälenden vierzig Minuten leuchtet sie auf dem Display. Ich komme ins Zimmer. „Guten Tag. Ich brauche eine neue Lohnsteuerkarte, die alte ist auf dem Postweg verloren gegangen. Hier, meine Nummer.“ Ich leg ihr den Zettel hin. Sie zerknüllt ihn und legt ihn neben sich auf den Tisch. „Ähm, muss ich nachher, wenn ich unten bei der Kasse war, wieder eine Nummer ziehen, um mir die Karte abzuholen?“ – „Wieso Kasse,“ fragt sie entgeistert. „Na, um die Karte zu bezahlen, dachte ich.“ – „Nee, Lohnsteuerkarte gibt’s umsonst.“ – „Ach so.“ Kleine Pause. Sie füllt weiter einen Zettel aus. Plötzlich: „Wie, hatten sie jetzt gar keine Nummer gezogen, um hier rein zu kommen?“ – „Was?“ Sie, im idiotensicheren Jargon, legt den Stift hin, scharf: „Ihre-Nummer, Wo-ist-denn-ihre-Nummer?“ „Na, die haben sie doch eben zerknüllt, die liegt doch da.“ Sie schaut auf das Papierknäuel und nickt, lacht, schüttelt den Kopf, ganz freundlich: „Ah ja. Ich dachte schon, sie wären hier so einfach reingeschneit, ohne Nummer.“

Gespräch zwischen zwei kleinen Mädchen vor der Grundschule

„Tschüss, vielleicht bis morgen.“ – „Ich komm morgen nicht.“ – „Ich hab ja auch gesagt, vielleicht.“ – „Ich komm aber trotzdem morgen nicht.“

Imbiss Nähe Paul-Robeson-Straße, Prenzlauer Berg und Apotheke in Tempelhof

Es gibt was zu feiern. Keine Kohlen mehr für den Ofen. Kein Alkohol im Haus. Alles schon geschlossen, kein Spätverkauf weit und breit. Die letzte Rettung: der türkische Imbiss an der Straßenecke. Ich kaufe eine Flasche türkischen Rotwein, die letzte, völlig verstaubt, vergilbtes Etikett, abgefüllt ca. kurz nach Atatürks Staatsbegräbnis. „Brauchst du Tüte,“ fragt der Verkäufer. Noch nicht, denke ich spontan. Wir verbrennen alte Zeitungen, kippen den Fusel in meiner eiskalten Bude und schlafen halb erfroren und benommen ein.
Am nächsten Morgen bin ich auf dem Weg zu meiner Agentur und auf der verzweifelten  Suche nach Kopfschmerztabletten. Endlich mitten im tiefsten Tempelhof eine Apotheke. Und was muss ich lesen auf einem Plakatständer am Eingang? „Die fantastische Welt des Harry Potter – jetzt auch als Heftpflaster.“

Vor dem Sozialamt in Prenzlauer Berg

Zwei Typen, beide ziemlich abgerissen und stark alkoholisiert, der eine mit einer Einkaufstüte von Norma, der andere in einem schlabberigen, grünen 80er Jahre Jackett, stehen draußen vor der Tür und diskutieren im Nieselregen über Musiker, die aus Wien kommen, bzw. kamen: „Mozart? Nee, der war doch da, Salzburg… aber Bach, oder?“ – „Nee ,Bach war … hier, Leipzig… und Beethoven auch nicht?“ – „Nee, der auch nicht, das war Bonn, und… Mendelsohn auch nicht… der war Hamburg“ – „Hm…“ – „Und hier, Strauß, der doch, oder, hier Richard?“ – „Ja, Strauß, der war, nee, Moment Richard war aus, aus München, nicht Wien“ – „Und, sag mal,  Brahms…?“ – „Ich glaub Bremen, oder? Nee, Quatsch, auch Hamburg, glaub ich. Aber List…“ – „Nee, der war doch, hier, Ungarn.“ – „Aber irgendeiner… ach, jetzt weiß ich, der andere Strauss…“ – „ Du meinst Johann?“ – „ Ja, genau.“ – „ Ja stimmt, der war aus Wien.“ – „ Und der, na, der, dieser Moderne?“ – „Webern?“ -“Ja.“ –  „Der auch. Und achso, Schönberg, natürlich! Aber da waren ja auch ganz viele moderne Leute, Architekten und so aus Wien.“ -“ Ja, und Maler auch.“ – „ Meinst du jetzt Gustav Maler?“ – „Nee, ich mein also, Maler, ähm, die gemalt haben.“ -“ Achso, weil nämlich Maler, der war auch aus Wien.“ – „ Naj, der ist da gestorben, aber geboren…“ Ich hab mich dann zwingen müssen, weiterzugehen…

Zwei Omis im Café Schleusenkrug

Hochsommer, es ist sehr heiß. Zwei ältere Damen trinken Kaffee und essen Kuchen. Beide tragen Mäntel und Mützen. Der folgende Dialog – immer wieder unterbrochen durch eintreffende Touristen, erschließt sich mir nur teilweise.
„Also, Ariel Color ist ganz toll.“ – „Das ist aber nicht Futur, oder?“ – „Nein, Color, das benutzt die jedenfalls.“ – „Ja? Ich nehm ja Futur.“ – „Ariel Futur, das ist ja auch ganz fantastisch.“ – „Das wäscht, also, das wäscht wirklich ganz sauber.“ – „Vor allem Buntes, also bis 40 Grad.“ – „Ja, aber nur bis 40 Grad.“ Pause.
„Sparsam, ganz wenig, ganz weiß.“ – „Nichts für mich, ich bin ja weder sparsam, noch nehm ich wenig.“ – „Beim Kochen, da nehm ich Gewürze.“ – „Und Maggi.“ – „Und Maggi, genau.“ – „Und beim Putzen?“ Pause.
„Holz riecht, wenn’s neu ist.“ – „Bei mir ist ja alles aus Holz, aber das riecht ja gut.“ – „Tee wird schneller kalt als Kaffee.“ – „Ja, der ist noch schön warm, Kaffee wäre jetzt schon kalt.“ – „Trinkst du die erste Tasse immer ganz langsam?“ – „Nee, die erste Tasse, finde ich, die muss man immer ganz schnell trinken, so lange sie noch heiß ist.“ – „Heiß schmeckt er ja auch viel besser.“

Sorgenbeutel

In dem Schaufenster eines Esoterikladens namens Tiaré, in der Stargarderstraße, Prenzlauer Berg, liegen kleine Stoffpüppchen und ein kleiner Stoffbeutel, der Beutel für 5,30 Euro, die Puppen je zwei Euro. Daneben die Erklärung: 
Abends erzählen sie den Püppchen ihre Sorgen, legen sie dann in den kleinen Beutel und diesen unter ihr Kopfkissen, am morgen finden sie nur noch die Püppchen vor, die Sorgen sind weg, alter Brauch der Hochlandindios Guatemalas.
Halt! Wo ist der Beutel geblieben?! 5,30 Euro für einen Stoffbeutel, der jedes Mal, wenn ich diesen Brauch nachahme, verschwindet. Ja denken die denn, ich bin bescheuert?! Oder gibt es da ein Beutel-Abo?

Artikelbeschreibung eines Kinderbettes, Ebay

„Gitterbett für Kinder aus Holz.“
– Tja! Was tun, wenn solche Kinder Würmer haben?
„Unser Sohn hat dann doch öfter bei uns geschlafen.“
– Ach so! Na dann.